Necklace of Tears (Arzu-Sayan Aslan)

Necklace of Tears ist eine Animation, die auf eine von Schmerz, Hilflosigkeit und Gleichgültigkeit geprägte Welt reagiert. Ausgangspunkt ist ein Gedicht von Mariam Al-Falou, verfasst im November 2023 nach Beginn des Genozids in Gaza. Millionen wur- den über soziale Medien Zeug:innen von Zerstörung und Leid, während die Welt schwieg. Die Animation von Arzu-Sayan Aslan zeigt ein Mädchen in der U-Bahn sitzend, das über Handy-Bil- der eine Verbindung zu einem Mädchen in Gaza spürt – berührt, doch machtlos, während um sie herum Gleichgültigkeit herrscht. Das von Alice Beazer gesprochene Gedicht verschmilzt mit den Bildern. Im Zentrum steht die Frage, wie wir mit dieser Gleichzei- tigkeit leben. Das Werk ist eine Erinnerung daran, dass die Tränen der einen nicht isoliert sind, sondern wie Perlen in einer Kette mit den Tränen anderer verbunden werden – ein Necklace of Tears, das uns alle betrifft.

Lumpenluder (DA Secret feat. DA Pilot, DA Moos, Die verrückte Hutmacherin & Friends)

Gegen Ende des Festivals wird es Zeit für das Team um DA Secret, das Publikum darauf aufmerksam zu machen, auf einer kostenlo-sen Veranstaltung zu sein. Daher heißt es auf einer der Bühnen der letzten Bands für das Lumpenluder: Tanzen gegen Spenden!Backstage wird gestyled was das Zeug hält, denn die Macher las-sen sich auch dieses Jahr wieder eine besondere Tanz Performan-ce und Spenden Sammelaktion einfallen. Dazu wird wieder ein spektakuläres Kostüm kreiert und für das Publikum heißt es dann: Lasst euch nicht lumpen und spendet!

Apoth: Remote viewR

Mit der synaethetischen Installation Remote viewR verbindet Si-mon Kummer zwei Tage lang sein Atelier APOTH in Erding live mit dem Studio1 des Muffatwerks. Optisch wie akustisch. Sowohl die Besucher des Digitalanalog-Festivals als auch die Musiker und Performer in der APOTH generieren durch ihre Anwesenheit die sicht- und hörbaren Inhalte der Installation. Duale Mehrspur-streams verbinden beide Orte und sorgen für zwei vollkommen unterschiedliche Erlebnisse: Während das Muffatwerk eine mo-nolithische, die Realität glutchende Audio- und Videoinstallation beherbergt, findet sich der Besucher der APOTH in fast schon pri-vatem Umfeld in einer Performance-Jam wieder. Das Muffatwerk wiederum taucht in der APOTH an verschiedenen Orten komplett unverfremdet auf.

apoth.se

Michelle Schäffer

„Welche Worte haben dich am meisten geprägt?“ Ist eine interaktive Skulptur, die den Einfluss sprachlicher Begegnungen und sozialer Interaktionen erfahrbar macht. Aus Ton geformt und mit Mosaikspiegelchen versehen, bildet sie eine Projektionsfläche für die Stimmen und Erfahrungen der Betrachtenden. Jede Rückmeldung erzeugt eine farbige Form, die sich auf der Oberfläche manifestiert und das Werk stetig verändert. So wird das Kunstwerk zum lebendigen Spiegel, der die Dynamik von Kommunikation sichtbar macht: Worte hinterlassen Spuren, Erinnerungen formen Muster und Menschen werden zu Spiegeln füreinander. Die Arbeit lädt dazu ein, über persönliche Erfahrungen nachzudenken und die eigene Rolle innerhalb sozialer Gefüge zu hinterfragen.

Neural Stream

Neural Stream ist eine audiovisuelle Installation, die aus vier erhöhten Bildschirmen besteht, die eine wellenartige Struktur bilden. Auf diesen Bildschirmen werden Visuals gezeigt, die auf eine Klanglandschaft reagieren und digital Wasser simulieren. Sowohl das visuelle Design als auch die Musik greifen Elemente wie Wasser, Serverräume, KI-generiertes Material und Technologie auf und abstrahieren sie.
Ausgangspunkt und Inspiration für dieses Werk war ein Zitat von Simone de Beauvoir aus dem Jahr 1968: „Bald wird uns die Technologie wie die Natur selbst erscheinen, und wir werden in einer völlig unmenschlichen Welt leben.“

patrickaere.com

Pulse (Pamela Brozoza, Amela Brzoza, Julie Flemming, Amy Grindau, Nina Menzl, Luis Zimmermann, Lara Remmelberger, Josefin TiffanySchmid) 2024

Der Film entwirft eine dystopische Zukunft, in der Künstliche Intelligenz das tägliche Leben bestimmt und individuelle Entschei-dungen lenkt. Im Fokus stehen zwei Protagonisten, P1 und P2, die sich in einer Welt bewegen, in der Technik jede Handlung steuert. Thematisiert wird der Konflikt zwischen Komfort durch Automatisierung und dem Verlust persönlicher Freiheit. P1 beginnt, die Vorgaben der KI zu hinterfragen, während P2 passiv bleibt. Die Kameraarbeit kontrastiert die monotone Kontrolle mit Momenten von Natur und Befreiung. Auch bei der Filmproduktion wurde KI eingesetzt, um kreative Prozesse zu unterstützen und Input zu er-halten. So stellt „Pulse“ die Frage, wie weit KI in menschliches Leben eingreifen darf – und plädiert für ein Gleichgewicht zwischen technologischem Nutzen und Autonomie.

Sonic Synesthesia (Jannik Mülhaupt)

In Sonic Synesthesia wird Musikproduktion mit 3D-Visualisierungen kombiniert, um den kreativen Prozess des Musikmachens räumlich und sensorisch erfahrbar zu machen. Gleichzeitig wurden einige emotional bedeutsame reale Orte, wie beispielswei-se ein Aufnahmestudio 3D-gescannt. Die resultierenden Modelle wurden in animierte Punktwolken umgewandelt. Elemente wie Akustikplatten wurden manuell mit Keyframes versehen, um auf bestimmte musikalische Signale zu reagieren und so einen direkten audiovisuellen Dialog zu schaffen. Das Endergebnis ist eine Kamerafahrt durch einen stilisierten digitalen Raum, der mit dem Original-Soundtrack kombiniert wurde. Sonic Synesthesia ist ein immersives audiovisuelles Erlebnis, das Klang und digitale Ästhe-tik zu einer Form synästhetischen Geschichtenerzählens verbindet.

still leben

still leben ist eine kontemplative Videoarbeit, die sich der filmi-schen Dokumentation alltäglicher Momente widmet. Im Mittelpunkt stehen universelle Erfahrungen, wie das Rauschen des Verkehrs, das sanfte Fallen von Schnee oder Spiegelungen auf Wasser. Kleine Details werden dabei zu Sinnbildern dessen, was es in einer Welt von Effizienz und Selbstoptimierung bedeutet, einfach zu sein. Die Videosequenzen wurden über einen Zeitraum von 9 Monaten, größtenteils in Japan, mit einer Digitalkamera aus den frühen 2000er Jahren aufgenommen. Die daraus resultierende nostalgische Bildästhetik sowie die gezielte Inszenierung der Motive erzeugen eine zeitliche und räumliche Unkenntlichkeit. Die Szenen wirken vertraut und zugleich unbestimmt. Es entsteht ein offenes Narrativ, das Raum für persönliche Assoziationen lässt.

Attention, please!

„Attention, please!“  ist eine hyperstimulierende Videoskulptur – ein brachial flimmerndes Monument für die aufmerksamkeitsgierige Gegenwart. Auf 60 Kanälen prasselt ein endloser Strom aus Sinn und Unsinn, ein multimediales Crescendo der Reizüber-flutung. Vier parallele Konsumanschlüsse laden zur Maximierung der Bildschirmzeit, zur völligen Versenkung ins digitale Rauschen. Schrottmanifestationen in digitaler als auch physischer Form – pulsierend, dröhnend, fordernd. Doch erst die Wahrnehmung des Subjekts ermöglicht die völlige Immersion im Unfug – die Besucherin ist eingeladen am Rad der Kontrollstation zu drehen, bis auch sie am Rad dreht! Zwischen Lichtgewittern und Kontrollillusion droht der Verstand zu flackern. Willkommen in der Zukunft unserer Medienlandschaft – dem nächsten Level des Überflusses.

Die Sonne sieht ihren Schatten nicht

Beim MEDIENDIENST LEISTUNGSHÖLLE kratzt die heiße Nadel am Konkreten. Die Münchner Künstler*innen Klaus Erika Dietl und Steffi Müller aka Rag*Treasure (beißpony/ ChicksOnSpeed Records/ Rheinschallplatten) schätzen die Splitter im Gewebe. 

Die Basis der beiden ist der MEDIENDIENST LEISTUNGSHÖLLE, eine Plattform, die sich als nomadische Forschungs- und Produktionsstätte versteht. Dort ist auch auch RAGREC zu Hause – ein Label für Störgeräusche in Text Bild und Ton. Neben Platten und Kassetten finden sich auch kleine magaZINEs im Sortiment. 

Live wird die Bühne zur offenen Werkstatt. Nähmaschine und Kaktus werden zu Instrumenten. Im Studio werden Hörspielmusik und Soundscapes produziert, u.a. für Elfriede Jelinek (Bayerischer Rundfunk), das Städel Museum Frankfurt und das Goethe Institut Amman (Jordanien). 

Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller suchen immer wieder den Austausch mit anderen. In den vergangenen Jahren gab es Sound und Lecture-Performances mit Künstler*innen und Aktivist*innen wie Wolfgang Müller (Die Tödliche Doris), Vivien Goldman (The Flying Lizards) und Mascha Alechina (Pussy Riot). 

2015 starteten Dietl und Müller mit Musiker*innen aus Japan’s Underground-Szene das internationale Kollektiv ALLIGATOR GOZAIMASU. Im Austausch miteinander entstehen Videos und Filme. Diese wurden unter anderem bei den Internationalen Kurzfilmtagen in Oberhausen, beim Tokyo International Short Film Festival und im Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin gezeigt . 2017 feierte Klaus Erika Dietl’s erster Langfilm „Das Letzte Loch ist der Mund“ im Kunstbau am Lenbachhaus Premiere. 

Beim Digitalanalog Festival 2024 zeigen Klaus Erika Dietl und Stephanie Müller „Die Sonne sieht ihren Schatten nicht“, eine Auswahl an Videos und Kurzfilmen aus dem Kosmos von beißpony und ALLIGATOR GOZAIMASU.

www.hoelle.media